Sehen mit der Makula-Degeneration der Großmutter Clara

Andreas Kumerics
Lehramt Kunst
Klasse Schmidt
2021
Der unscharfe Blick und andere Ruinen
Der unscharfe Blick und andere Ruinen
Sicherheit des Hauses - Blick auf die Mülltonnen
Sicherheit des Hauses - Blick auf die Mülltonnen
Traubenessen
Traubenessen
Sicherheit des Hauses - Blick auf die Leiter
Sicherheit des Hauses - Blick auf die Leiter
Blick in die Küche - entopTisch
Blick in die Küche - entopTisch
Kindesaugen
Kindesaugen
Traum und Zeit
Traum und Zeit
Erinnerung
Erinnerung

„Sehen mit der Makula-Degeneration der Großmutter Clara“ ist eine Annäherung an die Wahrnehmung einer 98-jährigen Frau mit einer Netzhauterkrankung.

Den Darstellungen liegen Gespräche mit ihr über ihre Wahrnehmung zugrunde.

„Der scharfe Blick und andere Ruinen“ zeigt sie in jüngeren Jahren. Ihr Sehvermögen ist hier noch gut. Der Blick auf das Bild wird durch eine alte Lupe von ihr gestört. Das Ruinierte kündigt sich an. Wie scharf ist ihr Blick? Wie scharf ist deiner?

„Sicherheit des Hauses 1 – Blick auf die Mülltonnen“ zeigt ihr Wohnhaus. Es werden Elemente aus anderen Bildern vorgegriffen. Objekte verflüchtigen sich. Farben verblassen. Formen verschwimmen. Klare Formen und Farben geben ihr Sicherheit.

„Traubenessen“ zeigt sie aus meiner Perspektive als Vorstellung, wie sie sich selbst mit der Augenkrankheit sehen würde. Das Buschwerk ist diffus. Der Tisch gibt ihr Halt, hat klare Kanten. Wir saßen dort, sprachen über ihr Sehen, aßen Trauben. Sie wird mir nie sagen können, ob meine Vorstellung zutrifft.

„Sicherheit des Hauses 2 – Blick auf die Leiter“ ist der Blickwinkel der Großmutter aus „Traubenessen“. Wenn sie hochschaut, kann sie schärfer sehen. Die Leiter hebt sich vom Diffusen, Flüchtigen ab und gibt Regelmäßigkeit.

Schaut sie weiter hoch, sieht sie „Himmel“. Er ist immer da.

Schaut sie nach unten, sieht sie „Kindesaugen“. Hier sieht sie mit ihren Händen besser. Sorgsam hält sie den Urenkel. Ob er die Welt ähnlich wahrnimmt wie sie? Unscharf? Schemenhaft?

Im Haus ist es düster. Der „Blick in die Küche (entopTisch)“ ist beschwerlich. Es schiebt sich ein Fleck vor sie, ein entoptisches Phänomen. Ist es ein Ding der Welt, oder eine Täuschung? Ist es gleichzeitig objektiv und nicht intersubjektiv?

Schließt sie ihre Augen sieht sie „Nichts“. Sie hat Angst blind zu werden. Doch auch hier finden sich Formen und Farben. Gibt es Nichts überhaupt?

Es kommen Träume und Erinnerungen. In „Traum und Zeit“ und in der „Erinnerung“ sieht sie lebendiger, realer als im Wachsein.

(Nicht alle Bilder sind auf der Website abgebildet.)